Kategorie: Minimalismus

Digitale Ordnung

Im Laufe der letzten Monate habe ich mich intensiver mit digitaler Ordnung, insb. eines durchgängigen Dateisystems befasst. Die für mich wichtigsten Punkte habe ich hier zusammengefasst und weiter unten mit weiteren Beispielen näher beschrieben.

Kurzgefasst

  1. Dateinamen so einheitlich wie möglich wählen
    • „2021-04-10_Absender_Betreff“
    • Je nach Ordnerstruktur kann der Absender oder auch das Datum im Dateinamen weggelassen werden
  2. Gruppierungen durch Unterordner mit kurzen Namen
    • „Absender“
    • Verzichte auf redundante oder irrelevante Bezeichnungen
  3. cloud-kompatible Ordnerstruktur
    • Zu lange Pfade führen immer noch auf manchen Systemen zu Problemen
  4. Weniger Geräte
    • Viele Geräte führen zu viel Verwaltungsaufwand
    • Cloud
  5. Account-Verwaltung und Passwortpflege
    • Zwei-Faktor-Authentifizierung!
    • Algorithmus zum Erstellen/Errechnen von Passwörtern
    • Benutzung von einem Passwort-Manager
  6. Email-Ordnung und Disziplin
    • Jede Email maximal 1 Mal lesen! Sofort bearbeiten oder delegieren.
    • Newsletter abbestellen (Auf Scam-Links acht geben)
    • Einmal vernünftig auf allen Geräten einrichten (Smartphone optional).
  7. Datensicherung
    • Kleines NAS für mehr Ausfallsicherheit, wer seine Daten gerne offline zuhause hat.

Vorwort

Im Laufe der letzten (mittlerweile) Jahrzehnte habe ich mehrere Bezeichnungs-Philosophien durch. Im Kindesalter gab es keinerlei Struktur, in Schule und Studium orientierte ich mich an den jeweiligen Mappen der Fächer, viel mehr gab es auch nicht zu ordnen.

Im Berufsleben, insbesondere als Selbstständiger, ist man schon auf sein geordnetes Chaos angewiesen, da es mehrere Bereiche im Leben gibt, die wiederauffindbare Dokumente beinhalten. Ob projektbezogene Unterlagen, Rechnungen, Protokolle, Finanzamt-Angelegenheiten, Versicherungen, Vertragsdaten, Ideen und Brainstorming für neue Projekte, etc… In allen Bereichen fallen Informationen an, die abgelegt und gespeichert werden müssen, teilweise sogar rechtlich vorgeschrieben.

Dateinamen

Eine einheitliche Namenkonvention, die ich zumindest meistens einhalte, hilft mir sehr dabei, neue Dokumente schnell zu benennen und entsprechend abzulegen, ohne, dass sie in Vergessenheit geraten oder gar verloren gehen.

Mit der Frage, wonach man ein Dokument suchen würde, konnte ich für mich eine geeignete Benennung meiner Dokumente finden. Angefangen wird mit einem Zeitstempel Jahr-Monat-Tag, um die Sortierung chronologisch zu gestalten. Denn den Dateiattributen kann man spätestens nach gewissen Kopiervorgängen nicht mehr vertrauen, leider! Der Zeitstempel kann optional auch weggelassen werden, wenn die Zeit der Erstellung des Dokuments unwichtig ist.

Bei Briefen oder Emails folgt nach dem Zeitstempel direkt der Absender, als Kürzel (zB: FA für Finanzamt) oder ausgeschrieben bei kurzen Absendernamen.

Optional folgt nach Absender ein Kürzel für die Art der Datei (zB: RE für Rechnung).

Abschließend wird noch ein Betreff angefügt, der nicht zu lange und mit aussagekräftigen Schlagwörtern versehen ist. Wie zB: Rechnungsnummer, Projektname, Anschreiben, o.ä.

Man muss natürlich nicht immer exakt alles einhalten. Bei manchen Dokumenten lasse ich auch gerne mal die ein oder andere Information weg, da sie durch die Ordnerstruktur ersichtlich ist o.ä..

Hier ein paar Beispiele:

  • 2021-04-10_FA_Anschreiben-Steuernummer.pdf
  • 2021-04-10_Kunde_RE_1023-Projekt.pdf
  • FA_Steuerbescheid_2019.pdf
  • 2021-03-01_Versicherung_Vertag-BU.pdf

Ordnerstruktur

Gruppierungen durch Unterordner mit kurzen Namen. Bsp.: „Absender“.

Cloud

Dieses Thema ist natürlich nur für diejenigen interessant, die auch darauf angewiesen sind, von überall auf seine Daten zugreifen zu können. Hier stellt sich dann eben die Frage, welche Cloud-Lösung zu einem am besten passt. Das Thema Sicherheit wird dabei oft angezweifelt. Hierzu möchte ich gerne auf einen Vergleich aufmerksam machen. Denkst du, deine Daten sind in einer eigenen Cloud auf einem NAS zuhause im privaten WLAN sicherer als in einer Cloud von Microsoft oder Apple? Ich für meinen Teil habe spätestens nach dem Vergleich angefangen, den Cloud-Systemen mehr Vertrauen zu schenken.

Zu lange Pfade führen immer noch auf manchen Systemen zu Problemen. Daher durchgängig darauf achten, dass Ordner- und Dateinamen nicht viel zu lang werden. Zudem verbessert es auch die Übersichtlichkeit.

Die Clouds von den größten Anbietern wie OneDrive, iCloud, Google Drive etc. sind sehr komfortabel und kompatibel mit den verschiedenen Betriebssystemen geworden. Hier muss jeder für sich seinen Favoriten heraussuchen.

Kompatibilität

Ich arbeite auf Windows und auf macOS, sowie auf iPadOS und iOS. Eine künftige Rückkehr auf Android möchte ich ebenfalls nicht ausschließen. In diesem Fall ist die iCloud für mich derzeit uninteressant.

Für die Office-Reihe von Microsoft zahle ich ohnehin eine jährliche Gebühr, worin automatisch 1TB OneDirve online-Speicher inbegriffen ist. Diese ist zudem auf Windows-Systemen gut integriert Und auch auf Apple-Systemen funktioniert diese Cloud-Software sehr gut. Somit habe ich mich für die OneDrive entschieden, die ich nun auf allen Systemen eingerichtet habe.

Auf macOS habe ich den OneDrive-Ordner in einen extra Unterordner synchronisieren lassen, damit hier zumindest noch eine klare Trennung etwas vor Daten-Chaos schützt.

Auf iPadOS und iOS funktioniert die Integrität zwischen den Microsoft-Apps OneDrive, Word/Excel und Outlook unglaublich gut, nach persönlichem Empfinden sogar besser auf deren eigenem Ökosystem. Das liegt eventuell an der aktuellen Führung des Unternehmens, die schon seit Jahren in Cloud investiert und mittlerweile erste Produkte auf Android-Basis vertreibt.

Weniger ist mehr

Viele Geräte führen zu viel Verwaltungsaufwand mit Einrichtungen, Updates, etc..

Überlegt euch zwischendurch, ob ihr wirklich alle Geräte benötigt, die ihr besitzt?! Viele besitzen zB noch einen PC, 2 Laptops, 1 Tablet und 2 Handys, um privat und geschäftliches zu trennen. Manchmal ist die Trennung nicht anders möglich, aber in Zeiten von Account-Verwaltung und Dual-SIM wird die software-seitige Trennung zumindest bereitgestellt.

Ich persönlich besitze keinen Stand-PC mehr zuhause und ich führe auch kein zweites Handy mehr mit mir herum.

Account-Verwaltung und Passwortpflege

Wir kommen heutzutage leider nicht mehr drum herum, unzählige Accounts zu besitzen, die irgendwann einmal angelegt wurden. Als moderner Mensch kommen wir auch nicht um die Digitalisierung herum. Daher sollten wir die digitale Welt eher für uns nutzen und unsere Account so geht es geht vor Fremdzugriff schützen.

Für die gängigen Accounts wie cloud-Dienste, Mail-Accounts, Kalender empfehle ich dringend die Zwei-Faktor-Authentifizierung! Hier wird zusätzlich zum standardmäßigen Login noch eine Email versendet oder eine Bestätigung durch ein verifiziertes Gerät wie zB das Handy eingefordert.

Passwörter werden immer seltener eingeben. Dennoch empfehle ich auch hier darauf zu achten, dass verschiedene Passwörter benutzt werden. Wer sich gerne alle Passwörter trotzdem merken möchte, kann hierfür einen eigenen „Algorithmus“ zum Erstellen von Passwörtern entwickeln, die je Account und Anbieter unterschiedlich sind. Achtet darauf, dass die Passwörter 8-10 Zeichen lang sind, kleine und große Buchstaben enthält, sowie mindestens ein Zeichen und eine Ziffer.

Mittlerweile funktionieren Passwort-Manager wie Apples Schlüsselbund oder Samsungs Pass außerordentlich gut und helfen dabei, sich eben nicht alle Passwörter merken zu müssen. Die Manager haben auch eine Funktion zum automatischen Erstellen sicherer Passwörter, die ebenfalls unglaublich nützlich sein kann.

Email-Ordnung und Disziplin

  • Jede Email maximal 1 Mal lesen! Sofort bearbeiten oder delegieren.
  • Newsletter abbestellen (Auf Scam-Links acht geben)
  • Einmal vernünftig auf allen Geräten einrichten (Smartphone nicht zwingend).

Datensicherung

Kleines NAS sorgt für mehr Ausfallsicherheit, wer seine Daten gerne offline zuhause hat. Hier kann auch eine Cloud in regelmäßigen Abständen gesichert und lokal gespeichert werden, wer Angst vor einem Totalversagen seitens seines Cloud-Anbieters hat.

Wieso beschäftige ich mich mit Minimalismus?

Es ist eigentlich eine sehr einfache und kurze Frage, die manchmal aber nicht so einfach zu beantworten ist: „Was macht mich glücklich?“.

Zurückblickend war ich glücklich, als ich mit zwei Freunden von Hameln nach Amsterdam mit dem Fahrrad gefahren bin. Jeder hatte nur einen Trekkingrucksack, ein paar Anhängetaschen ans Fahrrad und Go! Noch glücklicher war ich als ich im Auslandsjahr am anderen Ende der Welt steckte und nichts anderes dabei hatte als das, was ich über ein gesamtes Jahr brauchte. Ein Trekkingrucksack mit den wichtigsten Klamotten, Reiseutensilien und etwas Technik für damalige Web-Projekte reichten komplett aus. Jahre später mitten im Studium, zwischen all der Klausurenphasen und sonstigen Projekten reflektierte ich erneut die unbeschwerte Zeit, die ich erlebte, als ich in einem Zimmer in einer Wohngemeinschaft direkt an einer Straßenbahnstation zur Miete wohnte. Es gab ein klares Ziel: der erfolgreiche Abschluss des Studiums. Man verspürte keine Langeweile und hatte genug Zeit, um sich dem Ziel zu nähern und die ganzen Erlebnisse entlang des Weges zu genießen.

Mit Abschluss meines Studiums und dem Beginn der Arbeitswelt kam nach getaner Arbeit an echten Kundenprojekten erstmals das wohl verdiente Gehalt am Ende jeden Monats auf mein Konto. Einrichtung für zuhause, aktuellere Technik, häufiges Ausgehen waren die ersten Ausgaben, die einem ein Gefühl von Freiheit vermittelten. Ein paar Reserven wurden bzgl. Studienkredit nebenher angespart, aber sonst lebte man zunächst nicht sehr sparsam. Überhäuft vom Materialismus und vielen weiteren, spannenden Erlebnissen war ich nicht mehr glücklich. Geldsorgen hatte ich zwar keine mehr, es mangelte auch nicht an Freunde oder Familie, doch merkte ich schnell den Trott die materielle Selbstverständlichkeit der Gesellschaft, die auch die ein oder andere zwischenmenschliche Beziehung auf die Probe stellte.

Der Sport blieb beständig mein Ausweg aus all dem. Egal ob Kung Fu, Tricking oder Radfahren, ich war ohne Smartphone o.ä. zu 100% fokussiert und glücklich. Die Projekte auf der Arbeit waren meist mit viel Reisetätigkeit über Wochen und teils Monate hinweg. Doch „zuhause“ fühlte sich immer mehr als Belastung an. Und gerade in letzter Zeit durch Corona habe ich viel Zeit zuhause verbracht.

Jeder Streit, jedes Mal genervt sein war auf materielle Besitztümer zurückzuführen. Ich fühlte mich als Opfer meiner Güter. Man hatte keinen Überblick mehr über all die Dinge, die sich über Jahre angehäuft haben. Die Schränke platzten aus allen Nähten, der Keller bot kein Stauplatz mehr und bei jeder Kleinigkeit fühlte man sich abgelenkt. Wegräumen, Aufräumen, Umsortieren und jeden Tag die kleinen Entscheidungen überall wurden zu einem Zeitfresser und einer echten Belastung. Ablenkungen durch Unterhaltungselektronik wurden irgendwann zur alltäglichen Gewohnheit und zu einem weiteren massiven Zeitfresser.

Ich konnte die Corona-Zeit sehr gut für mich und meine Lebenspartnerin nutzen und wir misten ordentlich und radikal aus. Bei vielen Dingen haben wir uns gefragt, ob wir es jeweils in den letzten Monaten benutzt haben, oder ob wir es in den nächsten Monaten benutzen werden ( wie z.B. Klamotten, die einem nicht mehr so gut passen). Es hat auch sehr geholfen zu reflektieren, was wir in den letzten Wochen oft benutzt haben und was wir für das Erreichen unserer Ziele in Zukunft nicht mehr benutzen wollen, wie z.B. unsere Spielekonsole.

Es ist unglaublich, welchen Effekt das tatsächliche Verkaufen und Verschenken von all diesen Gegenständen bei uns erwirkt hat. Es bleibt viel mehr Zeit und Fokus für andere Dinge im Leben, die uns weiter voran bringen. Der innere Schweinehund wird einfacher besiegt und die Wohnung ist wieder ordentlicher und nicht mehr so zeitintensiv.

Wir sind nun nicht so extrem minimalistisch, wie viele andere aus dieser „Szene“, aber es ist trotzdem jedem zu empfehlen sich mal zu fragen, was er wirklich im Alltag und was er zum Erreichen seiner Ziele braucht. Denn oft ist weniger mehr.